Fotos / Berichte


Erlebnisse auf einer Wolga Kreuzfahrt

Wir hatten die Flußkreuzfahrt St. Petersburg-Moskau auf der MS NIKOLAJ KARAMZIN mit dem Veranstalter Austrian River Cruises (Schiffseigentümer Mosturflot) vom 7. bis 18. September gebucht.



Nachdem wir letztes Jahr im August die Donaudelta-Kreuzfahrt mit der „Johann Strauss“ gemacht hatten und vom Standard des Schiffes, der Qualität des Service und der Freundlichkeit und Kompetenz des Personals restlos begeistert waren – wir haben unserem Freundes- und Bekanntenkreis noch lange davon vorgeschwärmt – hofften wir, heuer eine ähnlich schöne Erfahrung zu machen.



War leider nichts. Der Standard der Kabinen wurde im Prospekt als „zweckmäßig“ beschrieben. Ein dehnbarer Begriff: abgenutzt, schäbig, der Bezugstoff der Rückenlehnen schmierig und mit heraushängenden Fadenschlingen. Die Klimaanlage war laut und zumindest anfangs übelriechend. Abends konnte man wegen der Insekten kaum das Fenster öffnen, es gab kein Fliegengitter.



Beim Bad waren wir ja darauf vorbereitet, dass der Wasserhahn gleichzeitig als Duschkopf dient, aber der abblätternde Wandanstrich in schmutzigbeige war doch ziemlich trist, und dass nach dem Duschen der ersten Person der Boden unter Wasser stand, sodass die zweite Person das Vergnügen hatte, z.B. während des Rasierens ein unfreiwilliges Fussbad zu nehmen, war so nicht ausgemacht. (Der Grund dafür: der Abfluss war nicht an der tiefsten Stelle angebracht ...) Die zwei roten Plastikzahnbecher hatten innen und außen dicke weiße Ablagerungen von der Zahnpasta der diversen Vorgänger; wir benutzten daraufhin die zur Verfügung gestellten Trinkgläser, die in den 11 Tagen unseres Aufenthaltes kein einziges Mal gereinigt oder ausgewechselt wurden.



Die inkludierten Ausflüge waren recht sparsam bemessen, die fakultativen hatten stolze Preise – gleichzeitig wurden wir aber aufgefordert, mit Trinkgeld für die Guides großzügig zu sein, da sie einen lächerlichen Stundenlohn bekämen (?) Vor allem in St. Petersburg herrschte bei der Besichtigung von Katharinenschloss und Peterhof eine gnadenlose Hektik, wir wurden wie das liebe Vieh durchgetrieben und hatten kaum Zeit, um Ansichtskarten, Bücher oder Souvenirs durchzusehen. Die Führerinnen waren aber durchwegs freundlich, gut informiert und sprachen fast alle sehr gut Deutsch.



Die Information an Bord war durchwachsen. Zu Details der Strecke gab es unregelmäßige Durchsagen, auch wurde manchmal die Abfahrt von Ausflugsbussen nicht angesagt, wodurch Reiseteilnehmer zurückgelassen wurden. Das ausgedruckte Tagesprogramm enthielt regelmäßig fehlerhafte Informationen (falsche Abfahrtstermine u.ä.). Am meisten fehlten uns aber jegliche Nachrichten über das Weltgeschehen, da keine deutschsprachigen Zeitungen erhältlich waren und der Fernseher an Bord nur russische Sender empfangen konnte. (An Bord der Johann Strauss wurden täglich die wichtigsten Nachrichtenschlagzeilen ausgedruckt!)



Bei Schlechtwetter gab es kaum Möglichkeiten, sich in einem der Gemeinschaftsräume aufzuhalten, der (kleine) Leseraum - gleichzeitig TV-Raum (nur russisch) - war häufig von Veranstaltungen und Vorträgen belegt und in den beiden Bars gab es de facto Konsumationszwang. So saß man dann, wenn man nicht den dritten müden Kaffee konsumieren wollte, in der deprimierenden Kabine und verrenkte sich den Hals, um aus dem sogenannten Panoramafenster schauen zu können. In der Sky-Bar wurde trotz Rauchverbotsschild geraucht, das Personal war nicht bereit, das Verbot auch durchzusetzen.



Das Bordprogramm war durchaus erfreulich, es wurden landeskundliche Vorträge, ein kleiner Sprachkurs samt Diplom, Chorsingen etc. angeboten, abends Klavierkonzerte oder eine Folkloregruppe.



Ein Tiefpunkt dagegen waren die Mahlzeiten. Das Servierpersonal war ungeschult, teils auch unmotiviert, die Mädchen standen gerne in Gruppen plaudernd mit den Händen auf dem Rücken herum und blickten gelangweilt auf benutzte Teller und leere Tassen.



Das Frühstück wurde in zwei Sitzungen serviert, für die spätere Gruppe war oft nicht mehr ausreichend Kaffee, Tee oder Obstsalat da; Müsli war überhaupt schon nach der Hälfte der Reise aus. Außerdem erwies sich das Management als nicht fähig, Reiseteilnehmer, die außerhalb „ihrer“ Schicht frühstückten und damit den disziplinierten Gästen die Plätze wegnahmen, zu bewegen, etwas rücksichtsvoller zu sein.



Die Qualität von Mittag- und Abendessen bewegte sich zwischen halbwegs akzeptabel und jämmerlich. Eine auf der Speisekarte angekündigte „Lachspfanne“ bestand aus einem Blechpfännchen angefüllt mit dicken, zerkochten Kartoffelscheiben. Obendrauf klebten zwei vertrocknete Scheibchen (Dosen-?)Pilze; ganz zu unterst lag in einer Ölschicht ein weißlichgraues Fischstück von der Fläche und etwa der halben Dicke eines Chicken Nuggets. Was immer das war, Lachs sieht definitiv anders aus. An anderen Tagen war das Essen ein wenig besser, erhob sich jedoch nie über das Niveau einer eher mäßigen Werkskantine (das grindige Besteck hingegen würde keine österreichische Werkskantine mehr aufzulegen wagen). Das Prinzip trat unverhüllt zutage: Abfütterung mit möglichst wenig Aufwand und zu möglichst geringen Kosten.



Von Annehmlichkeiten, die wir auf der Johann Strauss genossen, wie (gutem!) Frühmorgen – und Nachmittagskaffee oder gar Mitternachtshäppchen, konnten wir überhaupt nur träumen.



An Wein konnte man nur Roten oder Weißen bestellen und sich dann überraschen lassen, ob der servierte Wein trocken oder lieblich sein würde. Am drittletzten Tag war Weißwein dann überhaupt aus. Die Getränkekellner stellten (bzw. knallten) die georderten Weinflaschen bereits geöffnet auf den Tisch, den Gast kosten lassen oder gar einschenken wäre schon zuviel Aufwand gewesen (zu immerhin € 15.- pro Flasche). Nachdem halbvolle Weißweinflaschen über Nacht auf den Tischen stehen gelassen wurden, fragten wir die Getränkekellnerin, wieso sie sie nicht eingekühlt hätte, darauf kam die erstaunte Gegenfrage, wieso sie das tun hätte sollen. Auf unseren Einwand, dass Weißwein eben kalt serviert gehört, drehte sie sich beleidigt weg und ignorierte uns strafweise ziemlich lange. Als wir baten, einen Wein mit starkem Korkgeschmack gegen einen einwandfreien auszutauschen, wurde uns beschieden, der Wein rieche ohnehin ganz normal.



Zu den Mahlzeiten wurde kein Trinkwasser serviert, man musste (zu ziemlich stolzen Preisen) Mineralwasser kaufen.



Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir finden es jedenfalls schade, dass ein Veranstalter wie Austrian River Cruises seine Reputation mit derart schlechter Qualität gefährdet (nebenbei: wir haben für die Russlandfahrt annähernd gleich viel bezahlt wie für die Fünfstern-Donaudeltafahrt!). Wir hatten auch die Dnjepr-Fahrt angedacht, werden aber nach den jetzigen Erfahrungen eher noch zuwarten.



Ich hoffe, dass unsere Erlebnisse auf Interesse (und Korrektur) stoßen.
 
Eva Harrer
Wien

(Eine weitere Meinung zur gleichen Kreuzfahrt erreichte uns ebenfalls)

neuere Berichte: MS Karamzin 2007 / 1, MS Karamzin 2007 / 2

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Dieser Bericht über eine Wolgakreuzfahrt erreichte Kreuzfahrten-Pool aus Wien. Natürlich veröffentlichen wir Ihn gerne. Wir möchten darauf hinweisen, das es sich bei dem Bericht um einen persönlichen Reisebericht handelt der nicht im Auftrag von Kreuzfahrten-pool geschrieben wurde. Die Veröffentlichung dieser Erfahrungen bedeutet keine Wertung durch Kreuzfahrten-Pool hinsichtlich des Schiffes oder des Veranstalters.  Kreuzfahrten-pool dankt Frau Harrer dafür, das Sie Ihre Erlebnisse mit anderen Reisenden durch diesen Bericht mitteilt.

09-21-2006

Eine weitere Meinung erreichte uns über eine Kreuzfahrt mit der MS Nicolaj Karamzin und eine Wolga Kreuzfahrt im September 2006. "Wir waren auch an Bord der MS Karamzin bei der Flusskreuzfahrt St. Petersburg – Moskau. Die von Frau Dr. Eva Harrer beschriebenen Missstände sind vollinhaltlich zu bestätigen." (Loacker Christine + Emil)

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10-02-2006

Servicemängel auf der MSC Melody werde in einem Reisebericht aus dem April 2006 bemängelt. "Der vergleichsweise günstige Reisepreis kann nicht allein ausschlaggebend für die geschilderten gravierenden Mängel sein" schreibt der Autor gegen Ende seines ausführlichen Berichtes über eine Mittelmeerkreuzfahrt.

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04-18-2006

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